Kunstinstallation: 3200 überdimensionale Mohnblumen auf dem Königsplatz in München

Fachgespräch mit Laura Schieferle

„Das Kunstareal wird nie fertig sein, es entwickelt sich ständig weiter“

Das Viertel zwischen Königsplatz und Türkenstraße versammelt zahlreiche Museen, Galerien und Hochschulen. In den letzten Jahren veränderte es sich rasant. Laura Schieferle, Geschäftsstellenleiterin des Kunstareals, erklärt, wieso dieser Wandel so wichtig für München ist und was es hier zu entdecken gibt.

Was denken Sie sich, wenn Sie am Morgen zur Arbeit gehen?

Ich freue mich jeden Tag aufs Neue, wie lebendig das Kunstareal ist. Das ist ein Viertel, das lebt. Menschen wohnen hier, arbeiten hier, studieren hier. Und sie kommen in Scharen ins Viertel, um hier ihre Freizeit zu verbringen. Die zahlreichen Kunst- und Kulturangebote sind hier Bestandteil eines sehr lebendigen urbanen Szenarios. Das Kunstareal ist in jeder Hinsicht offen – deshalb ist es meiner Meinung nach der spannendste Kulturstandort in ganz Europa. Und es ändert sich ständig und rasant.

Bevor wir auf diese rasanten Änderungen eingehen, ein kurzer Blick zurück. Wie lange gibt es das Kunstareal als solches schon?

Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Der Ursprung des Kunstareals liegt schon 200 Jahre zurück. 1826 zog die Ludwig-Maximilians-Universität von Ingolstadt nach München, 1830 wurde die Glyptothek am Königsplatz fertiggestellt, die dann so etwas wie die Keimzelle des Museumsviertels wurde, 1836 folgte die Alte Pinakothek. Die Besiedlung mit Museen, Hochschulen, Galerien und anderen Kultureinrichtungen ging dann stetig weiter, sodass das Kunstareal heute achtzehn Museen, sechs Hochschulen und unzählige Galerien umfasst. Auf dem 500 mal 500 Meter großen Gelände gibt es kaum ein Gebäude, in dem sich nicht die eine oder andere kulturelle Einrichtung befindet.

Seit wann wird das Areal als solches vermarktet?

Der Begriff tauchte vor etwas mehr als 20 Jahren zum ersten Mal auf, als die Pinakothek der Moderne eröffnet wurde. Die Stiftung Pinakothek der Moderne hat dann 2009 die Initiative ergriffen, eine stärkere Aktivierung des Kunstareals voranzutreiben, der Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München haben sich zusammengetan. Es folgte eine enge Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Städtebau und Raumplanung an der Technischen Universität München. 2019 wurde das „Projekt Kunstareal“ von der Landeshauptstadt und dem Freistaat verstetigt, seit 2020 darf ich dessen Geschäftsstelle leiten.

Was tat sich seither?

Unglaublich viel. Und trotz eines sehr schwierigen Starts: Ich begann meinen Dienst mehr oder weniger mit Beginn der Corona-Pandemie. Mit einem Mal waren die Kultureinrichtungen geschlossen, später dann waren sie wieder offen, aber mit Hygienekonzepten und all dem. Kultur war plötzlich nicht mehr selbstverständlich da. Das war sehr schmerzhaft, in dem Mangel wurde vielen Menschen aber auch erst bewusst, was da eigentlich genau fehlt – und wie wichtig Kunst und Kultur für die Gesellschaft sind. Die einzelnen Häuser arbeiteten mit Hochdruck daran, auch digital zugänglich zu sein. Und auch städtebaulich hat sich einiges verändert.

Was geschah da?

Die Restaurants und Cafés bekamen mehr Freiflächen, auf den Straßen entstanden Pop-up-Radwege. In der Gabelsbergerstraße wurde dieser mittlerweile verstetigt, was toll ist. Die Nutzung der Freiflächen nahm in der Coronazeit auch sehr zu – und auch das hielt sich. Was mich freut: Jeden Tag treffen sich nun auf den Wiesen zwischen den Museen Yoga-, Tai-Chi-, Kickbox-, Tango- oder Ballspiel-Gruppen. Als dann die vielen Lockdowns 2022 vorbei waren, strömten noch mal mehr Menschen ins Viertel. Es herrschte so eine Neugier, so ein Hunger nach Kultur und Gemeinschaft. Das ist übrigens auch der Unterschied zu den anderen großen Kulturquartieren in Europa. Am Abend, wenn die Museen schließen, gibt es keinen Grund mehr, dort zu sein – dann leert es sich da schnell. Im Kunstareal geht es am Abend so lebendig weiter, wie es den ganzen Tag zuging.

Von den vielen Neuerungen im Viertel: Welche finden Sie besonders spannend?

Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Aber vielleicht damit: In den letzten beiden Jahren wurden im Kunstareal zwei wirklich beeindruckende Sanierungen fertiggestellt. Zum einen die Glyptothek. Über deren kunsthistorische Bedeutung  als eine der größten Sammlungen antiker Skulpturen muss man nicht viele Worte verlieren. Der neu gestaltete Innenhof bringt für die Besuchenden aber einen weiteren, einzigartigen Mehrwert. Im Sommer ist er jetzt nicht mehr mit Efeu bewachsen, sondern mit Rosen und wird als Freiluftbühne für Antikes Theater genutzt. Das dortige Café ist für alle geöffnet, nicht nur für die, die Eintritt ins Museum zahlen. Das ist übrigens bei ganz vielen Institutionen hier so. Der Innenhof der Glyptothek ist nun eine richtige Oase, wo man schnell wunderbar abschalten kann, auch wenn man nur eine halbe Stunde Zeit hat. Für mich einer der schönsten Orte in München. Genauso gelungen ist die Sanierung des Amerikahauses.

Was gibt es davon zu berichten?

Das Amerikahaus ist generell ein sehr spannender Ort in München. Hier finden nicht nur Lesungen und Diskussionen statt, im Amerikahaus gibt es auch hervorragende Musikveranstaltungen. Vor nicht allzu langer Zeit war ich dort bei dem Violinisten Daniel Hope, was fantastisch war. Das DOK.fest München präsentiert dort außergewöhnliche Dokumentarfilme und mit der Schließung des Gasteig wurde es auch der zentrale Veranstaltungsort des Münchner Filmfestes. Das wurde von den Besuchenden sehr positiv aufgenommen, weil die zentrale Lage dazu einlädt, nachher noch weiterzuziehen. Besonders gut am Amerikahaus finde ich auch die diverse Ausrichtung des Programms. Es geht dort eben nicht nur um die USA, sondern explizit um „The Americas“, also auch Mittel- und Südamerika. Generell muss man sagen, dass Diversität eine der ganz großen Stärken des Kunstareals ist.

In welcher Hinsicht?

Die sichtbarsten Einrichtungen im Kunstareal sind natürlich die großen Museen, die Pinakotheken, das Museum Brandhorst, das Lenbachhaus und so weiter. In den letzten Jahren entwickelte sich das Kunstareal aber auch zum wichtigsten Hotspot der Münchner Galerienszene, jährlich ziehen Galerien hier aus anderen Stadtteilen her oder eröffnen gar neu. Das trägt wahnsinnig zur Vitalität des Viertels bei. Aber es gibt hier eben nicht nur Kunst, es gibt naturwissenschaftliche Einrichtungen wie das Museum Mineralogia, es gibt die Technische Universität mit ihrer sehr renommierten Architekturfakultät und in der Pinakothek der Moderne findet man Die Neue Sammlung – The Design Museum, in der es unter anderem schon eine Ausstellung zum Thema Robotik gab. Das heißt: Hier findet auf engstem Raum ein wirklicher Austausch statt zwischen Kultur und Wissenschaft, hier trifft Entwicklergeist auf künstlerische Kreativität.

Wie wird das Kunstareal in zehn Jahren aussehen?

Ich hoffe, dass das Kunstareal noch mal besser an die Innenstadt angebunden wird. Schon in absehbarer Zeit soll aber der Platz um den Eingang zum Von-der-Tann-Tunnel umgebaut werden. Heute ist das ja noch eine sehr fußgängerfeindliche Schneise, ein Fußgängerübergang wird hier Abhilfe schaffen, der Platz vor St. Markus wird umgestaltet und dann auch zum Verweilen einladen. Dort ist auch eine große Installation von Alexandra Bircken geplant, worauf ich mich sehr freue und was auch einen inhaltlichen Bogen ins Kunstareal spannt, weil Arbeiten von Bircken ja eine wichtige Rolle in der Sammlung Brandhorst spielen. Das alles wird das Kunstareal noch mehr beleben. Klar ist aber auch: Es gibt keinen Punkt, an dem dieses irgendwann „fertig“ ist. Das Kunstareal ist in ständiger Veränderung, deshalb wird es hier immer weitergehen.

 

 

Text: Nansen & Piccard; Fotos: Frank Stolle

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