Unter dieser Überschrift wurden beim Tourismustag München 2025 drei Themenfelder diskutiert: die Wege zur Thematisierung der Münchner Bierkultur im Tourismusmarketing, die Wechselwirkungen zwischen Handel und Tourismus und die Münchner Kampagne Viertelliebe sowie das oberbayerische Pendant, die „GeHEIMATorte.“ Beide Kampagnen laden mit Geschichten mitten aus dem Leben dazu ein, München und Oberbayern abseits „ausgetretener touristischer Pfade“ zu entdecken.
Der Tourismustag München wurde nun schon zum sechsten Mal in Folge in Kooperation von München Tourismus und dem Regionalverband „Tourismus Oberbayern München (TOM) e.V.“ veranstaltet. Austragungsort war 2025 der Festsaal des Paulaner am Nockherberg, der weithin für seine kraftvolle Mischung aus (Stark-)Bier und Kultur bekannt ist. Wer hier auf der Bühne reüssiert, muss sich seines Standpunkts sicher sein. In seiner Begrüßung stellte Hausherr Christian Schottenhamel gegenüber den rund dreihundert Gästen aus Touristik, Handel, Mobilität, Politik und Kultur den Zusammenhang zwischen oberbayerischer Lebensart sowie Genuss- und Wirtshaustradition vor.
Auch wenn das Braugetränk immer öfter in der alkoholfreien Variante genossen wird, ist die Nachfrage nach dem Thema „Münchner Bierkultur“ noch immer grenzenlos. Erst kürzlich wurde es von namhaften Publikationen wie dem National Geographic Magazine oder, über den Weg der oberbayerischen „Hopfenwege“, auf den Reiseseiten des britischen Independent ausführlich gewürdigt. „Bier ist in Bayern immer da, unterschwellig gehört es immer zum Leben dazu“, so Christian Schottenhamel, der als Wirt am Nockherberg und auf dem Oktoberfest sowie als Vorsitzender der DeHoGa München tiefen Einblick in die Branchenentwicklung des Brauwesens hat. Für die Destinationen sei das Thema imagebildend und gebe mit „der Maß“ ein unvergleichliches Bild der Bedeutung des Bieres in der Außenkommunikation und als Kampagnenthema vor.
„Bier ist in Bayern immer da, unterschwellig gehört es immer zum Leben dazu“
Die Moderatoren Benedikt Brandmeier, Leiter des Destinationsmanagements für München, und Oswald Pehel Geschäftsführer des TOM e.V., stimmten dieser Vorlage uneingeschränkt zu, und luden anschließend zu einem gemeinsamen Blick über den Rand des Bierglases hinaus auf weitere positive Entwicklungen im Tourismusgeschehen ein.
Zum Einstieg in das Vortragsprogramm zum Tourismustag – nach Networking und einem bayerischen Business-Lunch – wurde in guter Tradition der Fokus auf die erfreulichen Entwicklungen für das gemeinsame Tourismusmarketing gerichtet. Die Branche wurde per Slido-Abfrage dazu eingeladen, ein Themen-Ranking zu erstellen, das dem Veranstaltungstitel „einfach handeln“ in positiver Weise gerecht wird. Dabei stand das „Ja“ zur Olympiabewerbung Münchens deutlich im Mittelpunkt. Die Bemühungen um eine breite Wertschätzung des Tourismus und von Großveranstaltungen der Destinationsvermarkter, wie sie beim Tourismustag 2024 thematisiert wurde, zeigten mit dem zustimmenden Votum der Münchner Bevölkerung offenbar Wirkung. Diesen Rückenwind aus der Bevölkerung will die Tourismusbranche nun selbstbewusst aufnehmen und in die Destinationsentwicklung einfließen lassen.
In seinem Grußwort warb Klaus Stöttner, Präsident des TOM e.V, für ein gemeinsames Vorgehen in Stadt und Land. „Nicht jammern, einfach machen und in der übergreifenden Zusammenarbeit gestalterische Kraft entfalten“, so sein Credo.
„Nicht jammern, einfach machen und in der übergreifenden Zusammenarbeit gestalterische Kraft entfalten“
„Die Zukunft ist lokal, nicht online“, betonte Stöttner in seinem Plädoyer, Bodenständigkeit und Ideenreichtum müsse man zusammenbringen, um Regionalität, Echtheit und Authentizität in den Destinationen zu erhalten. Ohne den lokalen Handel, ohne regionale Produkte wären Orte nur Kulissen, und das Angebot des Gastgewerbes würde geschwächt. Tourismus könne nur dann mit höchster Qualität gelingen, wenn alle Akteure gemeinsam Impulse setzen.
Der Münchner Wirtschaftsreferent, Christian Scharpf, vormals Oberbürgermeister von Ingolstadt, bekräftigte diesen Appell in seiner ersten Rede zu einem Tourismustag in München. Mit Blick auf eine Olympiabewerbung gelte es, eine Vision des Stadterlebnisses zu entwickeln, die sowohl Gäste als auch Einheimische einschließe. Auch wenn in München die Gastfreundschaft gelebt und der Tourismus von den meisten Menschen wertgeschätzt werde, müsse nach Scharpfs Ansicht vor allem die enge Verzahnung des Tourismusmanagements mit der Lebensraumplanung zur zentralen Gestaltungsprämisse werden. „Wir sollten uns stets vor Augen halten, dass ein Plus an Lebensqualität auch eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Münchens als Tourismusdestination bedeutet“, betonte der Münchner Wirtschaftsreferent in seiner Rede.
Als für die strategische Planung wichtigste Zahl sieht Scharpf in seiner Bilanz das Gästevolumen von täglich 325.000 Gästen, die München aus touristischen Gründen besuchen. Diese Größe, vergleichbar mit der Bevölkerungszahl von Großstädten wie Augsburg, Mannheim oder Münster, zeigt das Umsatzpotenzial des Tourismus, steht aber auch für die immensen Herausforderungen im Destinationsmanagement. Als erstes Instrument für die Schöpfung von Synergien und Vermeidung von Überlastungen für die Infrastruktur kündigte Scharpf deshalb die Einrichtung von zwei neuen stadtweiten Gremien für die Planung und Kommunikation von Großveranstaltungen als neue Steuerungsmittel für München in seiner Rede an. „Einfach handeln“ bedeutet hier nun „einfach steuern“.
„Wir sollten uns stets vor Augen halten, dass ein Plus an Lebensqualität auch eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Münchens als Tourismusdestination bedeutet“
Welche Umsatzsteigerungen durch Großveranstaltungen erzielt werden können, hat die Bilanz des Tourismusjahres 2024 bereits offenbart, wobei sich unter anderem die Fußballeuropameisterschaft und der Konzertsommer positiv in den Übernachtungsstatistiken niederschlugen. Nachhol- und Werbeeffekte führten 2025 zu einer nur minimal geringeren Gästefrequenz, verkündete Scharpf bei der Vorstellung der aktuellen Zwischenbilanz. Dabei freute er sich, einen Gesamtumsatz von 8,8 Milliarden Euro und einen direkten Steuereffekt von 153 Mio. Euro pro Jahr für Münchens kommunalen Haushalt aus den touristischen Leistungen beziffern zu können, wie aus aktuellen Analysen hervorgeht. Die Hälfte dieses Umsatzes wird im Gastgewerbe, ein Drittel im Einzelhandel verbucht – der damit als zweite tragende Säule im wirtschaftlichen Gefüge der Querschnittsbranche Tourismus gilt.
„Der Einzelhandel bietet Touristen weit mehr als nur die Möglichkeit, einzukaufen“, stellte Moritz Sporer, Geschäftsführer und Leiter „Ökonomische Analysen“ des wissenschaftlichen Beratungsunternehmens dwif, in seinem Keynote-Vortrag dar. Der Einzelhandel sei ein lokaler Baustein im touristischen Angebot und ein ortsbildprägendes Element mit Versorgungs- und Erlebnisfunktion. Mit seinem, im Idealfall regionaltypischen Warenangebot, sei er Frequenzbringer, Imageträger für die Destination sowie Kooperations- und Werbepartner für Unternehmen des Gastgewerbes und der Kultur. Einkaufen ist eine klassische Reiseaktivität, kann sogar ein starkes Reisemotiv sein – und dies quer durch alle Altersgruppen bei den Gästen. Konsum-affine Gäste zeigen sich auch in Gastronomie oder Kultur besonders ausgabefreudig, wie die vertiefende Zielgruppen-Analyse offenbarte. Tagesgäste stecken dabei einen noch größeren Ausgabenanteil in Einkaufserlebnisse als Übernachtungsgäste, die jedoch insgesamt mehr Geld in einer Destination lassen.
Auch mit Blick auf die gleichmäßige Auslastung von Destinationen können Shopping-Gäste punkten: Einkaufstrips finden das ganze Jahr über statt. Einen zeitlichen Schwerpunkt gibt es nur bei den Wochentagen: Vor allem am Samstag nimmt man sich Zeit für Bummeln und Konsum.
„Der Einzelhandel bietet Touristen weit mehr als nur die Möglichkeit, einzukaufen“
Die „Schaufenster“-Funktion des Einzelhandels für das erzielbare Umsatzvolumen aus dem Tourismus insgesamt kann somit nicht hoch genug bewertet werden. Die Angebote des Einzelhandels an Touristen sollten erlebbar, emotional, authentisch und regional sein und mit anderen Reiseleistungen vernetzt werden, um ihr Potenzial als Imageträger und Umsatzbringer optimal zu entfalten. Kooperationen, Plattformmarketing und integrierende Kommunikationsmaßnahmen der gesamten Tourismusbranche, spezifisch auf Shoppinggäste ausgerichtet, sind zentrale Handlungsempfehlungen, die Sporer an Destinationen wie Unternehmen richtete.
Carolin Engelhardt, Gründerin und Geschäftsführerin von „Münchner Dirndl“, gab nach der wissenschaftlichen Analyse mit ihrer Unternehmensphilosophie ein praktisches Beispiel, wie man ohne große Marktdurchdringung aber mit Selbstbewusstsein und exklusivem Stil eine tragfähige Präsenz im Modemarkt entwickeln kann. „Münchner Dirndl“ ist eine Rarität in Zeiten, in denen Trachten-Online-Shops boomen und Tradition mehr und mehr in den Hintergrund rückt.
Das Atelier von Engelhardt in München-Schwabing hat weder feste Öffnungszeiten noch eine Klingel. Ihre Kundschaft, die bis aus den USA, Frankreich oder Großbritannien zum Anpassen kommt, findet sie vor allem durch persönliche Empfehlungen zufriedener Kunden. „Machen Sie ihre Kunden glücklich!“ ist konsequenterweise der Rat, den die Modeschöpferin jedem Start-up der Kreativwirtschaft als Erfolgsformel mit auf den Weg geben möchte – ein Rat, der ohne Abstriche auf die gesamte Tourismuswirtschaft übertragbar ist.
Glück erfahren auch jene Menschen, die aus den unterschiedlichsten Beweggründen auf den „Heiligen Berg“ nach Kloster Andechs pilgern. Gastfreundschaft gehöre zum Wesen eines Wallfahrtsorts, so Martin Glaab, Leiter Öffentlichkeitsarbeit der Benediktinerabtei St. Bonifaz in München und Andechs. Beten, Bitten und Feiern seien in Andechs untrennbar miteinander verbunden. Ganz in der benediktinischen Tradition übe man sich dabei in Offenheit und Toleranz. Jeder Gast in Andechs werde so an- und aufgenommen, wie er sei - mit seinen Wünschen und Hoffnungen - Kundenerwartungen wäre ein zu enges Wort an dieser Stelle.
Neben dem spirituellen Angebot spiele aber auch die unternehmerische Seite eine tragende Rolle für den Erhalt des Ortes, seiner Kultur und Spiritualität. Um die Zukunftsfähigkeit zu sichern, müsse die Wirtschaftsfähigkeit des Betriebs mit Kundenorientierung und Offenheit für neue Kommunikations- und Vermarktungswege verbunden werden, so Glaab, der vor kurzem die Möglichkeit zu einem Virtual Reality Rundgang durch Andechs eingeführt hat. „Wir müssen uns immer wieder fragen, was regionale Verankerung für uns bedeutet und was wir der Region zurückgeben.“ Tragfähige Lösungen entstünden dann, wenn man neugierig auf die Wünsche der Kunden schaue, agil darauf eingehe und ein Netzwerk aus starken Partnern pflege.
Kathrin Steinbeck, Produktmanagerin der Tourismus Initiative München (TIM) e.V., sprach über die Weiterentwicklung des TIM-Produktmanagements. Dabei stellte sie die im vergangenen Jahr neu geschaffenen Strukturen, erste Projekte wie den „Bierkalender“ und die „Münchner Originale“ sowie neue Services für TIM-Partner vor. Die Marke München werde durch Produkte erlebbar gemacht, die die Münchner DNA in sich tragen. Die im TIM e.V. organisierten Betriebe haben die Leidenschaft, das Feuer und das Engagement, solche Produkte zu entwickeln. Jeder Leistungsträger ist dazu aufgerufen, sich zu beteiligen.
Ab 2026 bündelt ein neuer digitaler „Bierkalender“ ganzjährig Veranstaltungen und Aktionen rund um die Münchner Bierkultur. Das vom TIM e.V. gemeinsam mit München Tourismus und zahlreichen Partnern entwickelte Projekt präsentiert monatlich wechselnde Themen, Hintergrundgeschichten und Veranstaltungstipps. Leistungsträger erhalten monatliche Social-Media-Kits mit Text-, Bild- und Hashtag-Vorschlägen sowie die Möglichkeit, eigene Events einzubringen. Die offizielle Vorstellung erfolgt zum Jahresende 2025.
Mit dem Projekt „Münchner Originale“ ist es dem TIM e.V. und München Tourismus gelungen, die traditionsreichsten Münchner Kaufhäuser in einem Cluster zu vereinen. Ziel ist es, die historische Vielfalt und die individuellen Marken dieser Häuser – von Kustermann über Lodenfrey bis Sport Schuster – für die nationale und internationale Kommunikation zu nutzen. Eine neue Landingpage zu den Münchner Originalen präsentiert die beteiligten Unternehmen. Für Anfang Dezember ist ein Content Creator Day geplant, ein gemeinsames Event folgt im Frühjahr 2026.
Die Viertelliebe-Kampagne von München Tourismus entstand während der Corona-Pandemie aus der neu entdeckten Nähe zu den eigenen Stadtvierteln. Statt Fernreisen rückten Wiener Platz, Alte Utting, Giesinger Graffiti oder das Lieblingsrestaurant in der Au in den Fokus.
Aus dieser Erfahrung entwickelte München Tourismus die Idee, Stadtteile jenseits von Marienplatz und Frauenkirche stärker in den Vordergrund zu rücken und Gästen die Viertel als eigenständige Reiseanlässe nahezubringen. Mit Texten, Bildern, Videos, Interviews und eigens konzipierten Viertelliebe-Führungen und Stadtwandertouren werden seit 2021 die unterschiedlichen Quartiere mit ihren Besonderheiten porträtiert und präsentiert.
Die Marktforschung bestätigt, dass das Entdecken von Stadtvierteln und das Eintauchen in das Münchner Leben einer der Haupttreiber für Reisen nach München ist. Städtereisende wünschen sich authentische Begegnungen mit Einheimischen und vermeiden touristische Kulissen, was die Viertelliebe-Kampagne mit ihrem Fokus auf echte Erlebnisse in Münchens lebendigen Vierteln optimal adressiert. Diese Form des Resonanztourismus fördert individuelle Reiseerfahrungen, entzerrt Besucherströme, stärkt die lokale Wirtschaft und verbessert nicht zuletzt die Lebensqualität in der Stadt
Parallel zu Münchens Viertelliebe-Kampagne entwickelte TOM e.V. die GeHEIMATorte-Kampagne zur Stärkung der regionalen Identität und Heimatverbundenheit in Oberbayern, indem weniger bekannte, authentische Orte abseits der klassischen Touristenmagnete vorgestellt werden. Dies dient auch der Lenkung der Besucherströme auf weniger bekannte Regionen und Sehenswürdigkeiten. Der autofreie Tourismus spielt in beiden Kampagnen eine bedeutende Rolle, sei es durch Erkundungen zu Fuß oder die bequeme, klimafreundliche Anreise mit dem ÖPNV.
Bei Medienschaffenden und ganz besonders auch in der Zusammenarbeit mit Influencern findet das Thema Viertelliebe großes Interesse. So haben unter anderem Le Figaro, Stuttgarter, Zeitung, National Geographic Espanol, New Zealand Herald, Sydney Morning Herald, The Sunday Times, LA Times, Denver Post, La Gazzetta und La Vanguardia über die Viertelliebe berichtet.
Übrigens – über diese „Adelung“ der Kampagne freut Tourismusleiter Benedikt Brandmeier ganz besonders – sind verschiedene deutsche und internationale Metropolen Münchens Beispiel gefolgt und habe eigene Stadtviertel-Kampagnen aufgelegt.
So ist es nur folgerichtig das, passend zu Weihnachten, ein druckfrisches Viertelliebe-Buch auf dem Tourismustag präsentiert wurde. Die besten Inhalte der Viertelliebe-Kampagne finden sich in einem hochwertigen Band mit über 300 Seiten voller spannender Geschichten, beeindruckender Bilder und detaillierter Viertelkarten. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Gäste und Einheimische. Der Begriff Viertelliebe wird dabei wörtlich genommen: Für jedes der zehn Viertel gibt es ein eigenes Cover. Kundinnen und Kunden können bei einer Bestellung ihr favorisiertes Cover auswählen.