Heller und roter Kalkstein im Karomuster bilden den wunderbaren Boden im Steinernen Saal, Schloss Nymphenburg.

Bodenpflege im Schloss Nymphenburg

Glanz am Boden

Schloss Nymphenburg ist spektakulär. Die Weite, die Blickachsen, die Pracht. Doch was wäre die ganze opulente Architektur ohne das feudale Parkett? Und wie schafft man es, dass es immer so alterslos elegant wirkt? Wir haben den Spezialisten vor Ort gefragt, wie man den Glanz der Schlossböden erhält – und was man daraus für die eigene Bodenpflege lernen kann.

Auch wenn der Boden der berühmten Schönheitengalerie im Schloss Nymphenburg bei jedem Schritt knarzt: Aufmerksamen Gästen wird auffallen, dass sich die schlichten historischen Böden im Schloss bewusst zurückhalten und im Raum mit ihrer Natürlichkeit wirken.

Der Mann, der dafür verantwortlich ist, dass die Böden so schön und natürlich bleiben, heißt Heinrich Piening. Aufgewachsen in einer traditionell holzverarbeitenden Familie hat er, wie er selbst sagt, Sägemehl im Blut. Seit 1995 leitet Dr. Piening die Holzrestaurierung der Bayerischen Schlösserverwaltung (BSV) und zeigt in einem Rundgang durchs Hauptschloss, wie die Böden auch nach mehr als 200 Jahren den vielen Menschen gewachsen bleiben.

Die meisten Böden in Schloss Nymphenburg sind weitgehend im Originalzustand. Sie stammen zum Teil aus den 1720er-Jahren und wurden bis in die 1950er hinein ergänzt oder erneuert. Im Festsaal im Obergeschoss weisen üppige Rokokostuckaturen zum Thema Musik und die Musikempore darauf hin: Hier wurde gefeiert und getanzt. Das hat seine Spuren hinterlassen, trotzdem ist der steinerne Boden, der dem Saal unter anderem den Namen „Steinerner Saal“ gab, gut erhalten.

 

Herr Dr. Piening, wieso sieht der Boden nach über 200 Jahren immer noch so gut aus?

Die damals verwendeten Materialien waren von hoher Qualität. Im Saal wurden ausschließlich heller Steinhofner Kalkstein und roter Ruhpoldinger Knollenkalk verwendet, die einander abwechseln und ein Karomuster bilden. Das sind beides lokale Steinsorten aus Bayern. Aus denselben Steinbrüchen kamen auch Tischplatten für Möbel.

Was machen Sie, um den Boden so zu erhalten?

Die Schwierigkeit bei diesen Böden ist, dass die Fugen sich immer mal wieder öffnen. Die Platten wandern gegeneinander, weil sich der Sand darunter ein bisschen wegrüttelt. Alle paar Jahre müssen ein paar Platten hochgenommen und wieder verlegt werden. Welche das sind, sieht man als Laie aber kaum. Nur wenn die Kanten zu perfekt und geschnitten sind und nicht geschlagen wurden, sind sie neu.

Links und rechts vom Saal führen das Südliche und Nördliche Salettl weiter in die Appartements und Galerien, die die einstigen Wohnräume mit dem Festsaal verbinden. In diesen Räumlichkeiten sind etwa 1200 Quadratmeter robustes, beständiges Eichenparkett verlegt. Beim Versailler Parkett, das hier gewählt wurde, handelt es sich um etwa drei-viertel-Quadratmeter große Tafeln, die in einer Werkstatt gefertigt und beliebig aneinandergereiht wurden. Das Konzept dieser Fertigelemente stammt aus Versailles und wurde dort aus der Not heraus entwickelt.

 

Herr Dr. Piening, was ist hier passiert?

Die einstigen Steinböden wurden zu nass gewischt, wodurch die darunterliegenden Balken wegfaulten und der obere Belag erneuert werden musste. Das musste sehr schnell gehen. So wurden Fertigelemente konstruiert, die als Steckbausatz fungieren. Beim Gehen gibt der Boden leicht nach, wie bei einem Tanzparkett, und knarzt sehr authentisch, da dank des Steckbausatzes kein Leim nötig war.

Nur wenn die Kanten zu perfekt und geschnitten sind und nicht geschlagen wurden, sind sie neu.

Sollte man sich auch in der eigenen Wohnung dazu Gedanken machen und darauf achten, was sich unter den Böden befindet?

Heute gibt es andere Werkstoffe wie Beton. Das heißt, der Deckenaufbau ist komplett anders gestaltet. Üblicherweise wird Parkett heute auf einer Estrichschicht verlegt. Es gibt mittlerweile Parkett, das auch für Fußbodenheizungen geeignet ist.

 

Warum wurden die Böden im Schloss Nymphenburg eigentlich so einfach gehalten?

Als Sommerschloss war es aus Prestigegründen nicht so wichtig wie beispielsweise die Residenz. Das war das Hauptschloss in der Innenstadt, wo es entsprechendes Zeremoniell gab, oder schauen Sie sich die Böden in der Residenz Ansbach an. Dort sind sogar szenische Darstellungen im Parkett verlegt. In Nymphenburg fehlt der Prunk, doch überzeugen die Holzböden mit ihrer Natürlichkeit. Jede Faser, jede Maserung ist deutlich zu erkennen. Sie sind weder geschliffen oder mit einer dicken Wachsschicht überpflegt noch in Öl getränkt – ein absolutes No-Go.

Warum? Was ist falsch daran?

Öle dringen tief in die Holzfasern ein, bis zu zwei Millimeter. Sie binden chemisch ab, und dadurch ist keine spätere Nachbearbeitung mehr möglich. Dazu wäre der Einsatz von Chemikalien oder Schleifen notwendig. Bei historischen Böden ist das nicht diskutabel. Im Schloss haben wir keine geölten oder lackierten Böden, die würden sich bei den Besucherströmen durchlaufen. Die Bereiche werden dann sehr unansehnlich und lassen sich nahezu nicht nachpflegen. Bei der Untersuchung der Böden konnten wir auch keine Spuren von Öl finden, es wurde schon immer auf Wachse gesetzt. Wachse sind auch eine gute Möglichkeit für den privaten Bereich. Dort ist die Benutzung viel geringer und die Pflege intensiver, dadurch bleiben die Böden deutlich länger schön.

Bis vor etwa 20 Jahren waren zum Schutz der Böden Teppiche ausgelegt, auf denen die Gäste durch das Schloss geführt wurden. In den Räumen, die noch nicht restauriert wurden, liegen sie noch aus. Piening hebt eine Seite des Teppichs an, der Farbunterschied ist ganz deutlich zu sehen.

 

Die Teppiche waren also keine gute Idee …

Nein. Der Schmutz wandert ins Wachs und bildet eine Paste, die den Boden schleift. Außerdem werden die Teppiche in den Boden eingeschliffen, was Vertiefungen von bis zu drei Millimetern hinterlässt. Durch die Gummierung auf der Unterseite einiger Teppiche gelangen auch Weichmacher ins Holz, die das Holz verfärben oder verkleben können.

 

Wie ging es weiter, als Sie feststellten, dass die Teppiche wegmüssen?

Ein neues Boden- und Pflegekonzept musste her. Wir haben verschiedene Wachse auf Musterplatten getestet und geschaut, welche Materialien früher verwendet wurden. Seit dem Jahr 2000 gibt es ein neues Konzept, das bei der ganzheitlichen Restaurierung eines Raumes durchgeführt wird.

Die Schönheitengalerie König Ludwigs I. wurde 2019 und 2020 restauriert. Wie wurde hier vorgegangen?

Das Wachs wurde mittels Reinigungspad ausgedünnt. Holzrestauratoren waren schon allein damit eine Stunde pro Quadratmeter beschäftigt. Ist ein Boden stärker verschmutzt, wird mit einer Trockeneismaschine gearbeitet. Es folgte eine Fruchtsäurebehandlung, drei bis vier Wachsschichten und Polierung.

 

Ist der Boden ohne Teppich den vielen Schritten der Schlossgäste nicht schutzlos ausgeliefert?

Wir haben auch das Besucherkonzept angepasst. Sie gehen im Erdgeschoss über die Sauberlaufzone. Es liegen Teppiche aus, bei Regenwetter auch Matten, über die die Besucherinnen und Besucher laufen und die Schuhsohlen abputzen. Dort werden die Schuhe zu 90 Prozent abgekehrt, damit Kies und Schmutz gar nicht erst auf die Böden gelangen.

Zu Königszeiten gab es Bohnerer, die eigens dafür angestellt wurden, um die Böden täglich zu bohnern.

Wie aufwendig ist die weitere Pflege der Böden?

Es ist dann nicht mehr viel zu beachten. Täglich wird vor der Schlossöffnung gesaugt, das dauert in der Regel gerade einmal eine Stunde. Zweimal jährlich, nach der Sommer- und Wintersaison, findet eine intensivere Pflege statt. Dabei werden die Böden zunächst nebelfeucht gewischt – auf keinen Fall nass, sondern beinahe trocken. Dann lässt man den Boden zwischentrocknen, damit die Faser wieder glatt wird. Anschließend kommen zwei bis drei Wachsschichten drauf, die vergleichsweise dünn sind. Die Wachspaste besteht aus Hartparaffinen, mikrokristallinem Wachs, Bienenwachs und einem Anteil an Carnubawachs, das ist ein Hartwachs, das aus der Palme gewonnen wird.

Sah so auch die Bodenpflege vor über 200 Jahren aus?

Zu Königszeiten gab es Bohnerer, die eigens dafür angestellt wurden, um die Böden täglich zu bohnern. Dafür wurde Bienenwachs verwendet, das zum Teil warm aufgetragen oder in Terpentinöl gelöst und als Wachspaste mit einem Tuch aufgetragen und mit einem Blocker oder Bürsten poliert wurde.

Im Vergleich dazu ist die heutige Bodenpflege überschaubar und trägt dazu bei, dass die Restaurierungsarbeiten auch 30 Jahre halten.

 

Worauf achten Sie bei der Pflege und Restaurierung besonders?

Alles, was wir machen, muss komplett rückbaubar sein. Man versucht etwas in einem authentischen Erscheinungsbild darzustellen. Zu Hause ist das natürlich etwas anderes. Da freut man sich über neuen Glanz, und lackierte Böden haben den oft nötig. Es kommt aber ganz darauf an, alte Böden so gut es geht zu erhalten und nutzbar zu machen. Und da braucht es tatsächlich nicht viel Glanz.

 

Text: Nansen & Piccard, Fotos: Frank Stolle

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