Zwischen Bauernhof und Kopfsteinpflaster, bayerischer Wirtschaft und katholischer Kirche – die Preysingstraße in Haidhausen sieht nicht nur dörflich aus, auch die Ruhe und Nachbarschaftlichkeit beweisen: Hier ist die Welt wirklich noch in Ordnung!
Wenn man die Einheimischen nach ihrer schönsten Straße in München fragt, bekommt man oft zu hören: „Auf jeden Fall die Preysingstraße!“. Und tatsächlich hatte diese kleine Straße in Haidhausen im Laufe ihrer Entstehung einfach besonders viel Glück: Die Herbergshäuschen haben den Krieg überlebt und erzählen bis heute vom Arbeiterleben damals, ein alter Bauernhof wurde im Originalzustand wiederaufgebaut und dann wären da auch noch die unverschämt schönen Kirschbäume, die im Frühling wie nebenbei um die Wette blühen.
Diese kleine Straße hatte einfach besonders viel Glück – die Herbergshäuschen haben den Krieg überlebt, ein alter Bauernhof wurde im Originalzustand wiederaufgebaut.
Wenn man dann so über das Kopfsteinpflaster läuft, fühlt man sich fast ein bisschen wie in auf dem Land. Eigentlich fehlt nur noch ein Mini-Maibaum. Aber auch so hat die Straße schon viel Dörfliches: Da wäre die Nachbarschaftswirtschaft Zum Kloster, die schon seit über 40 Jahren eine beliebte Anlaufstelle für die Menschen des Viertels ist. Die Preysing Fruchthalle, in der man frisches Obst und Gemüse wie auf dem Wochenmarkt einkauft. Oder das kleine Café LottiEck, in dem man auch unter der Woche gemütlich frühstücken und die Zeit vergessen kann.
Eine junge Frau, die lange in der Preysingstraße gewohnt hat, ist Claudia Pichler. Die Kabarettistin ist in Aubing aufgewachsen und konnte ihr Glück kaum fassen, als sie ihre Wohnung im zentralen und doch sehr gemütlichen Haidhausen bekam. Nach acht Jahren ist sie gerade erst umgezogen – allerdings nur eine Straße weiter, denn wer einmal in Haidhausen wohnt, bleibt gerne. Im Dorf mitten in München, das so wohlbehütet daherkommt, dass man sich sicher sein kann: Hier ist die Welt wirklich noch in Ordnung!
Ein Dorf mitten in München, das so wohlbehütet daherkommt, dass man sich sicher sein kann: Hier ist die Welt wirklich noch in Ordnung!
Wir treffen Claudia im Zum Kloster, auch sie verbringt viel Zeit in der gemütlichen Kneipe. Oder auf der Bank, die vor ihrem früheren Wohnhaus steht: „Manchmal sitze ich noch hier, obwohl ich mittlerweile woanders wohne. Ich finde Hausbänke sind eine sehr schöne Erfindung und eigentlich sollte jedes Wohnhaus eine haben." Das Schönste an der Preysingstraße ist für sie der letzte Teil mit der Spielstraße. Wenn man von der Wörthstraße herläuft, sieht es fast so als, als würde die Straße bei ihrer Biegung enden, dabei wird es danach erst so richtig schön.
„Die Preysingstraße ist wie die schönere Version vom Dorf", ist sie sich sicher. „Zum einen hat man seine Anlaufstellen und kennt die Leute, wie eben auf dem Land, aber wenn man genauer hinsieht, wirkt die Straße eher wie ein Filmset auf dem Dorf." Am meisten genießt Claudia die Abendstimmung in der Preysingstraße, wenn das Licht ganz besonders ist und die Stimmung noch entschleunigender ist, als tagsüber eh schon.
Wenn Tagelöhner früher nach München kamen, um für eine kurze Zeit in der Stadt zu arbeiten, übernachteten sie im benachbarten Haidhausen in einem der kleinen Herbergshäuschen. Haidhausen war früher noch ein Dorf vor den Toren Münchens und wurde im Jahr 1854 schließlich eingemeindet. Seit Ende des 18. Jahrhunderts gibt es das winzige Üblacker-Häusl, einst nur eines von vielen Herbergshäuschen, das in den 1960er-Jahren von der Stadt gekauft und umfassend saniert wurde.
Das wahrscheinlich kleinste Museum Münchens zeigt jeweils ein typisches Wohn- und ein Schlafzimmer einer Tagelöhner-Familie damals.
Heute beheimatet es ein Herbergenmuseum, in dem sich die Gäste ansehen können, wie man damals gelebt hat. Das wahrscheinlich kleinste Museum Münchens zeigt jeweils ein typisches Wohn- und ein Schlafzimmer einer Tagelöhner-Familie damals. Im früheren Ziegenstall finden wechselnde Ausstellungen und Veranstaltungen statt, im Obergeschoss ist noch immer eine Wohnung. Das Üblacker-Häusl ist denkmalgeschützt und eines der letzten Herbergshäuschen im Viertel. Der Verein Freunde Haidhausens kümmert sich darum.
Gegenüber befindet sich ein weiteres architektonisches Highlight der Preysingstraße: der Kriechbaumhof, der auf eine etwas ungewöhnliche Geschichte zurückblicken kann. Das Gebäude wurde ursprünglich im 17. Jahrhundert in der Wolfgangstraße in Haidhausen erbaut, aufgrund von Baufälligkeit wurden die Teile einzeln abgetragen und 1985 neu in der Preysingstraße aufgebaut.
Noch vor dem Krieg fand man diese Art von Holzhäusern in den Arbeitervierteln Haidhausen und der Au recht häufig. Auch hier konnten sich Tagelöhner auf Zeit ein Zimmer oder ein ganzes Stockwerk mieten. Heute fällt der Kriechbaumhof mit seiner einzigartigen Architektur auf, es gibt kein zweites Haus in München, das so aussieht. Mit dem vielen Holz und den bunt bepflanzten Balkonen erinnert das Gebäude an einen Bauernhof in den Alpen – da passt es ja perfekt, dass sich hier heute die Jugend des Deutsche Alpenvereins trifft.