München verwandelt sich im Sommer in ein Paradies aus Grün und Wasser. Die Uhren ticken anders, die Autos fahren langsamer, die Prioritäten verändern sich – wer jetzt zu Besuch kommt, der kann sich sicher sein, dass er sich verlieben wird.
Wenn man Besuch nach München einlädt, dann immer mit dem Nebensatz „aber kommt unbedingt im Sommer“. Das liegt zum einen daran, dass man bei schönem Wetter einfach mehr unternehmen kann. Und natürlich sieht jede Stadt noch einmal etwas besser aus, sobald die Sonne auf sie scheint: der leere Viktualienmarkt in der ruhigen Mittagshitze, der sommerliche-klare Blick vom Alten Peter in den blauen Himmel bis zu den Alpen, der Espresso im Schatten des Sonnenschirms am italienisch anmutenden Odeonsplatz. Das alles fühlt sich im Sommer noch stimmiger an, als würde es nur in diese Jahreszeit gehören.
Aber das ist es nicht nur, warum man München-Gäste vom Sommer hier überzeugen möchte. Alle, die schon einmal mit dem Schlauchboot an einem perfekten 32-Grad-Sonntag die Isar entlang geschippert sind und einen Kasten Radler dabei hatten, wissen das. Und alle, die einmal einen ganzen Tag ausschließlich mit Eis essen und sich den Eisbach entlang treiben lassen verbracht haben und dabei kein einziges Mal auf die Uhr geschaut haben, können es ebenso nachfühlen. Wenn man am Abend dann müde von der Sonne und dem Wasser ist, mit noch nassen Haarspitzen und einem leichten Sonnenbrand auf der Nase. Das sind die München-Momente, in denen man sein Glück kaum fassen kann. In denen alles gut scheint, egal wie gut es gerade wirklich ist. Die Wellen der Isar spülen jeden Restzweifel fort.
München im Sommer ist eine Einladung. Daran, dass das Leben auch einmal zu schön sein darf, um wahr zu sein. Daran, alles einmal mitzunehmen und sich nicht selbst im Weg zu stehen. Während man der Stadt das restliche Jahr über – gelegentlich auch zurecht – vorwirft, dass sie es sich in ihrer Blase aus Isar-Schönheit und Maxmiliansstraßen-Reichtum gemütlich macht, lässt der Sommer sogar die lautesten Kritiker verstummen. Ja, München lebt manchmal in einer Traumwelt. Aber im Sommer, sobald man in jeden See springen und jeden Tag in einem anderen Biergarten sitzen kann, wird diese tatsächlich Wirklichkeit.
Ja, München lebt manchmal in einer Traumwelt. Aber im Sommer, sobald man in jeden See springen und jeden Tag in einem anderen Biergarten sitzen kann, wird diese tatsächlich Wirklichkeit.
Im Sommer geht's hier etwas langsamer zu, über die Stadt legen sich die große Ferien. Die Menschen arbeiten nur solange, wie sie müssen – den heißen Nachmittag verbringt keiner im Büro. Man baut sich seine Arbeit um das Thermometer herum. Der eine setzt sich mit Klapptisch und Laptop unter einen Apfelbaum in den Rosengarten, die andere nimmt ihre Unterlagen einfach mit ins Freibad. Generell fängt die ganze Stadt früher an zu arbeiten, fährt um sieben Uhr morgens schon an der kühlen Isar entlang, um möglichst schnell wieder zurück radeln zu können. Und man merkt plötzlich: Selbst wichtige Anrufe kann man wunderbar vom Biergarten aus erledigen. Sobald der Juni im Kalender steht, verändern sich die Prioritäten der Münchner*innen und sind so klar wie selten. Dann sind sich alle einmal einig.
Und der Sommer ist auch leiser. Spätestens im August fahren weniger Autos, man bekommt überall einen Parkplatz und zweifelt schon fast daran, ob man irgendetwas vergessen hat. Wo sind denn alle? Ach so ja, im Urlaub. Im Zweifelsfall in den Bergen oder an einem anderen Ort, an dem man sich recht wahrscheinlich auf die Füße tritt, während München in aller Ruhe am Badesee eindöst. Statt Winterschlaf herrscht hier nämlich Sommerruhe. Jetzt fährt man eigentlich nicht weg, sondern kommt eher her – wie der Besuch. Was viele übersehen oder schlicht nicht wissen: Wer den Sommer in der Stadt verbringt, der ist erholt genug.
Denn München ist nun einmal eine echte Sommerstadt und es wäre eine Schande, die wichtigsten Wochen im Jahr woanders zu verbringen. Eine Stadt voll mit Grün und Wasser und Schatten und Bierbänken. Mit allem, was den Sommer noch besser macht, als er sowieso schon ist. Einige Teile scheinen jetzt erst aus ihrem Winterschlaf zu erwachen, manche Orte in München eröffnen erst bei über 30 Grad ihre kompletten Möglichkeiten.
Da wäre einer der größten Stadtparks der Welt, der Englische Garten. In der warmen Jahreszeit wird er zum Treffpunkt, zum Badespot, zum Erholungsort, man kann den ganzen Tag hier verbringen. Alles, was es dafür braucht, ist eine Picknickdecke und ein paar Euro für die Brotzeit am Chinesischen Turm. Sommer-Profis haben längst in eine Hängematte investiert und radeln in den Nordteil, wo man sich im hohen Gras verstecken kann. Auf dem Weg dorthin wird einem sicherlich ein Eisbach-Surfer mit Brett unterm Arm entgegenkommen. Und man selbst kann nur noch schmunzeln, weil es halt so schön ist.
Irgendjemand muss bei der Stadtplanung den Sommer bedacht haben, denn es kann kein Zufall sein, dass man nie länger als 20 gemütliche Minuten auf dem Fahrrad sitzt, um die nächste kühle Maß zu trinken oder in einem See zu springen.
Dann wäre da natürlich die Isar. Ein Fluss, der so sauber ist, dass man eigentlich keine Gelegenheit auslassen möchte, darin zu baden. Oder zumindest seine Füße reinhängen zu lassen. Die Isar teilt München in zwei schwitzende Hälften, und alle sind ganz besonders bei Hitze froh, dass sie da ist. Morgens, wenn es noch nicht ganz so heiß ist, treffen sich hier die Joggingfans. Später springen alle, die um die Ecke arbeiten, in der Mittagspause einmal kurz ins Wasser. Denn neben Geldbeutel und Schlüssel gehören im Sommer auch Handtuch und Badehose zur Grundausstattung der Einheimischen. Am Abend grillt man dann hier und trinkt Bier, das dank dem Wasser in Reichweite auch immer schön kalt bleibt. Die Isar ist das größte Schwimmbad der Stadt. Und wie es sich für Schwimmbäder gehört, läuft man barfuß zum nächsten Kiosk – auch, wenn der zwei Straßen entfernt ist.
Eine weitere Sommer-Institution verteilt sich ähnlich wie die Isar über die ganze Stadt: der Biergarten. Es gibt keinen Ort, der so sehr München ist und sich trotz der Vertrautheit selbst für die Einheimischen so sehr nach Urlaub anfühlt, wie ein schattiger Platz auf der Bierbank. Irgendjemand muss bei der Stadtplanung den Sommer bedacht haben, denn es kann kein Zufall sein, dass man nie länger als 20 gemütliche Minuten auf dem Fahrrad sitzt, um die nächste kühle Maß zu trinken oder in einen See zu springen. Sowieso dehnt sich die Stadt im Sommer aus – alles, was mit dem Fahrrad erreicht werden kann, gehört plötzlich zu München. Für manche selbst der Starnberger See.
Und wenn der Besuch bis hierhin noch nicht angebissen hat, nimmt man ihn einfach mit zu einem der umliegenden Seen, am besten ein Exemplar mit Bergpanorama. Leiht sich dort ein Boot, setzt den Sonnenhut auf und radelt abends zurück in die verschlafene Stadt, wo man dank der Sommerruhe plötzlich auch ohne Reservierung einen Platz auf der schönen Restaurantterrasse bekommt. Wer einmal in den Genuss gekommen ist, München im Sommer zu erleben, der kommt garantiert immer und immer wieder. Meinem Besuch hat es sogar so gut gefallen, dass er diesen Sommer herzieht. Und wie sollte es anders sein, natürlich in die Sommerstraße.