In den 1980er-Jahren gab es in München genügend Gründe, um anzustoßen: Die Wirtschaft boomte, München war aufgrund der Olympischen Spiele weltbekannt. Nun zog die Schickeria um die Häuser – und mit ihr Stars aus aller Welt. Die wichtigsten Orte des Jahrzehnts und wo man die 80er heute noch in München erleben kann.
Die Olympischen Spiele machten München weltberühmt – und das kostete die Stadt in den 80ern in vollen Zügen aus: Die Schickeria genoss das luxuriöse Leben, berühmte Bands aus aller Welt kamen in die Stadt, um ihr neues Album aufzunehmen und Party zu machen. Nur in der Architektur wusste man nicht so richtig wohin: Man setzte auf verspielte Formen und kombinierte verschiedenste Epochen miteinander – heute immer noch gut zu erkennen an der Neuen Pinakothek.
Während in den wilden 70ern vor allem die Hippie- und Alternativ-Szene Münchens Nachtleben unsicher machte, wurde es in den 80ern mit Münchens Schickeria langsam wohlhabender und konservativer. Einer der beliebtesten Clubs der Stadt war damals das Sugar Shack – eine Diskothek, die zwischen den 70er- und 90er-Jahren auch weltbekannte Stars anzog. Hier feierten Mick Jagger, Frank Zappa und Freddie Mercury. Auch Bands wie Led Zeppelin und Deep Purple waren Stammgäste – sie kamen meistens, um in den Musicland Studios aufzunehmen.
Dieses Tonstudio am Arabellapark wurde in der Musikszene berühmt, weil viele große Stars der damaligen Zeit hier ihre Alben aufnahmen. In den 80ern waren das unter anderem Falco, Queen, Deep Purple und Iron Maiden. Da sich die Musicland Studios im Keller des Arabellahauses befanden, hörte man allerdings die U-Bahn rattern, die in den späten 80er-Jahren bis an den Stadtrand ausgebaut wurde. Die Studios mussten schließen, denn hochwertige Tonaufnahmen waren nach dem Bau nicht mehr möglich.
„Zwischen 1979 und 1985 war der Sänger von Queen regelmäßig zu Besuch, hatte sogar eine eigene Wohnung im Glockenbachviertel.“
Freddie Mercury kam allerdings auch aus anderen Gründen nach München – er machte besonders gerne die LGBTQ-Szene der Stadt unsicher. Zwischen 1979 und 1985 war der Sänger von Queen regelmäßig zu Besuch, hatte sogar eine eigene Wohnung im Glockenbachviertel.
Seinen 39. Geburtstag feierte er im Old Mrs. Henderson, heute bekannt als Paradiso – einige Szenen von diesem Abend sind in seinem Musikvideo zu „Living On My Own“ verewigt. Auch in der Deutschen Eiche war Freddie gerne Gast – bis heute befindet sich in diesem Hotel Deutschlands größte Männersauna. Noch heute kann man all diese Schauplätze bei einer Führung mit Peter Ambacher erleben, der den Weltstar in den 80er-Jahren durchs Viertel begleitete.
Das komplette Glockenbachviertel veränderte sich in den 80er-Jahren: Kunstschaffende und Stadtberühmtheiten zogen in die Häuser rund um den Gärtnerplatz, denn hier konnte man damals noch günstig und zentral wohnen. Gleichzeitig entwickelte sich der Stadtbezirk immer mehr zur Heimat der Party- und LGBTQ-Szene. Während es auf der einen Seite der Stadt nun immer inklusiver zuging, begann man auf der anderen dagegen mit Ausgrenzung: Mit dem „Maximilians“ eröffnete Münchens erstes „Members Only“-Lokal – rein kam nur, wer das nötige Kleingeld hatte oder berühmt war.
„Das komplette Viertel veränderte sich in den 80er-Jahren: Kunstschaffende und Stadtberühmtheiten zogen in die Häuser rund um den Gärtnerplatz, denn hier konnte man damals noch günstig und zentral wohnen.“
Zum ersten Mal gab es eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im sonst buntgemischten Münchner Nachtleben. Clubs wie das Parkcafé oder das P1 folgten dieser Türpolitik und trugen somit langsam zum Imageverfall der beliebten Partyszene bei. Das Ende der 80er-Jahre kündigte allerdings auch eine neue Musikströmung an: DJ Hell, selbst Münchner, brachte den Techno in Clubs wie das Tanzlokal Größenwahn oder das Ultraschall – und legte damit den Grundstein für eine neue Ära.
Als 1985 der Gasteig eröffnete, machten sich die Einheimischen über das Backsteingebäude lustig: Sie nannten es „Kulturvollzugsanstalt“ oder auch „Kulturbunker“. Es wollte sich nicht so recht in das Stadtbild zwischen dem schönen Altbau-Haidhausen und dem prachtvollen Jugenstilbad Müller'sches Volksbad einfügen. Auch wenn der Gasteig heute eine der wichtigsten Bibliotheken und Konzertsäle der Stadt beheimatet, wurde er optisch nie so recht angenommen. Typisch für die 80er sind die Steinfassade und das viele Glas. Bis Ende 2021 bekommt das Gebäude nun einen Ersatz in Sendling, die Bauarbeiten im Stammhaus dauern voraussichtlich bis 2025.
Ein weiterer umstrittener Bau aus den 1980er-Jahren ist die Neue Pinakothek. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde das Museum von dem Architekten Alexander von Branca neu geplant und 1981 eröffnet. Es gilt aufgrund der klugen Anordnung der Räume und den Lichtverhältnissen innen als einer der durchdachtesten Museumsbauten in Deutschland – mit seiner Stahlbeton-Naturstein-Fassade allerdings nicht unbedingt als der schönste. Elemente aus verschiedenen Stilepochen werden hier kombiniert: So treffen Rundbögen auf Erker und Freitreppen auf Brunnen-Attrappen. Bis 2025 wird auch dieser Bau generalsaniert.
Passend zur Bundesgartenschau 1983 in München wurden zu dieser Zeit außerdem der Westpark fertiggestellt. Der Park sollte die Vielfalt der Pflanzenwelt zeigen: von der Mittelmeervegetation bis zum japanischen Garten, von Grabbepflanzung bis zur typischen Kleingartenanlage. Zum Glück blieb das Gelände auch nach der Ausstellung erhalten und ist heute einer der beliebtesten Stadtparks in München. Ein Highlight ist das Ostasien-Ensemble mit chinesischem Garten, der nepalesischen Pagode und einer thailändischer Sala mit Buddha-Statue.
„Das Museum gilt aufgrund der klugen Anordnung der Räume als einer der durchdachtesten Museumsbauten in Deutschland, mit seiner Stahlbeton-Naturstein-Fassade allerdings nicht unbedingt als der schönste.“
An den Häuserfassaden machte sich währenddessen ein anderer Trend breit, der heute aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken ist: Graffiti. Zeitgleich mit dem Hip Hop schwappte die Street Art aus den USA nach Europa herüber. Dabei war München die erste deutsche Stadt mit einer Graffiti-Szene, die international Aufmerksamkeit bekam: 1984 wurde der erste Güterwaggon in Deutschland bemalt, ein Jahr später die erste „Sonderkommission Graffiti“ von der Polizei gegründet. Heute kann man sich Münchens Street Art zum Beispiel bei einer geführten Bike Tour angucken.
Die 80er-Jahre waren die große Zeit der Schickeria: Aus dem wirtschaftlichen Wohlstand der Jahrzehnte zuvor wuchs eine Szene an reichen und vergnügungssuchenden Leuten, die ihre Zeit am liebsten Champagner trinkend in Schwabinger Straßencafés verbrachte. Immer mehr Freigeister und Kunstschaffende kamen in die Stadt und schätzten das liberale Klima, das damals herrschte. Die Einheimischen waren fast ein wenig übermütig und sahen München als heimliche Hauptstadt – und die Schickeria war Ausdruck all dieser Entwicklungen.
„Zur Münchner Szene gehörten damals unter anderem Rudolph Moshammer, Gastronom Gerd Käfer, Regisseur Helmut Dietl, Klatschreporter Michael Graeter und Playboy James Graser.“
Der Schriftsteller Gregor erklärte den Begriff folgendermaßen: „Schickeria“ setzt sich aus dem französischen „chic“ und dem Jiddischen „schickern“ zusammen, was sich mit „betrinken“ übersetzen lässt. Zur Münchner Szene gehörten damals unter anderem Rudolph Moshammer, Gastronom Gerd Käfer, Regisseur Helmut Dietl, Klatschreporter Michael Graeter und Playboy James Graser. Dementsprechend beeinflusste die Szene nicht nur die Gastronomie und das Nachtleben, sondern auch Kunst und Kultur.
In Serien wie „Kir Royal“ oder „Monaco Franze“ lässt sich bis heute das Münchner Lebensgefühl von damals perfekt nachempfinden. Es geht um schicke Partys und Besuche in der Oper, ausgelassene Nächte und ein noch ausgelasseneres Liebesleben. Der Klatschreporter Baby Schimmerlos – nach dem Vorbild von Michael Graeter – macht deutlich, was damals in München wirklich zählte: Stars, Sternchen und Skandale. Die ZEIT schrieb: „München ist die einzige deutsche Stadt, in der Klatschkolumnisten ernstgenommen werden.“
Es war ein Leben wie in einer Party-Parallelwelt, das dann noch von regelmäßigem Besuch aus Hollywood getoppt wurde: Brigitte Bardot, Tina Turner oder Sean Connery waren gerngesehene Gäste in München. Noch heute spricht man von einer Schickeria in München – und auch, wenn es zwischen Fußballstars, Partys im P1 und der Maximiliansstraße nicht mehr ganz so glamourös zugeht: A bisserl was geht immer.